Um bestimmte Rechte im öffentlichen Raum ausüben zu können, müssen Religionsangehörige über ein Organisationsmodell einer Religionsgemeinschaft verfügen und bestimmte Bedingungen erfüllen. Einige dieser Bedingungen sind klar definiert, während andere auf der Ebene ungeschriebener Regeln liegen, über die ein Konsens besteht. Wenn die Religionsgemeinschaft bestimmte Bedingungen erfüllt, ist es möglich, diese unklare Situation zu klären, indem der Grundsatz der Rechtsgleichheit aktiviert wird. Die Anerkennung als Religionsgemeinschaft wurde sowohl von einem rechtlichen als auch von einem politischen Verfahren abhängig gemacht. Der Staat hat keine Religion oder religiöse Einrichtung, aber er kann mit Religionsgemeinschaften zusammenarbeiten und regelt dies durch eine landesweite „Staatsvereinbarung“. Dabei hält sie sich jedoch an den Grundsatz der Neutralität und Gleichheit. Jede Organisation kann sich als Religionsgemeinschaft bezeichnen. Die formale Erlangung dieses Status ist jedoch der wesentliche Schritt zur zweiten Stufe der „öffentlichen Rechtspersönlichkeit“. Staatsverträge werden traditionell mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts geschlossen.
Es liegt im freien Willen des Einzelnen, ob er einer Religion angehört oder nicht und ob er einer Religionsgemeinschaft beitritt oder sie verlässt. Je nach ihrem Selbstverständnis müssen sich die Religionsgemeinschaften eine öffentliche Meinung zu gesellschaftlichen Ereignissen bilden und in verschiedenen Organisationen und Kommissionen mitarbeiten. So vertreten sie beispielsweise die Religionsgemeinschaft in verschiedenen Ethikkommissionen, öffentlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten, Filmförderungseinrichtungen usw. Sie werden in den Ausschüssen des Bundes- oder Landtags gehört und äußern ihre Meinung. Sie regeln ihre inneren Angelegenheiten unabhängig vom Staat im Rahmen von Gesetzen, die für alle gelten. Religionsgemeinschaften mit öffentlicher Rechtspersönlichkeit haben das Recht, einen geringen Betrag an Kirchensteuer vom Staat einzuziehen, von der Steuer befreit zu werden, von bestimmten Gebühren und Abgaben befreit zu werden und so die Möglichkeit zu haben, mehr Dienstleistungen für ihre Gemeinden zu erbringen (Kindergärten, Krankenhäuser, Wohnheime usw.).
Die von den Ländern als juristische Personen des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften müssen über eine eigene Satzung verfügen, eine ausreichende Zahl von Mitgliedern haben, ihre Dauerhaftigkeit nachweisen, ihre Finanzkraft erklären, seit etwa 30 Jahren tätig sein, von ihrer Bindung an Verfassung und Gesetze überzeugt sein und Traditionen und Auffassungen haben, die andere und die verfassungsmäßige Ordnung nicht gefährden. Kinder, die einer Religionsgemeinschaft angehören, sind verpflichtet, den konfessionellen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen unter der Aufsicht der Religionsgemeinschaft zu besuchen, außer in den Bundesländern Berlin und Bremen. Für Kinder bis zum Alter von 14 Jahren können die Eltern ihre Kinder von diesem Unterricht befreien, wenn sie dies wünschen. Da das 14. Lebensjahr als das Alter der religiösen Volljährigkeit gilt, können Kinder ab diesem Alter selbst entscheiden.
Die SCHURA Niedersachsen, die seit vielen Jahren religiöse und soziale Dienste für in Niedersachsen lebende Muslime anbietet, hat ihre landesweite Organisation realisiert und ein Gemeinderegister eingerichtet. Mit diesem soll auf die oben beschriebenen Probleme (siehe „Religionsgemeinschaften und Rechtspersönlichkeit“) reagiert werden.
Unsere Moscheen sind Orte, an denen sich Muslime zum individuellen und kollektiven Gottesdienst versammeln, um inneren Frieden zu finden, sich weiterzubilden, ihre Religion und das Universum zu lernen und zu verstehen, nach Lösungen für ihre Probleme zu suchen, sie als Quelle für die Lösung sozialer Probleme zu sehen und Generationen und sogar Angehörige verschiedener Religionen auf einer gemeinsamen Grundlage zusammenzubringen. Allerdings sind nicht alle Gemeindemitglieder, die an Freitagen, Feiertagen und heiligen Tagen und Nächten zusammenkommen, Mitglieder von Moscheen. Um jedoch genau zu wissen, wie viele Muslime angesprochen werden, wie viele Muslime sich von der SCHURA Niedersachsen vertreten fühlen und wie viele unserer Kinder in Zukunft den islamischen Religionsunterricht besuchen werden, wird das Gemeinderegister eine wichtige Möglichkeit darstellen.
Die SCHURA Niedersachsen ist sich bewusst, dass die große Mehrheit der in Niedersachsen lebenden Muslime der SCHURA Niedersachsen und ihrem Religionsverständnis und ihrer Unparteilichkeit vertraut. Daher sollte jeder, der sich als Muslim bekennt, ab dem Alter von null Jahren in das Gemeinderegister eingetragen werden, unabhängig davon, ob er Mitglied einer Moschee ist.
- Die erste Funktion des Gemeinschaftsregisters besteht darin, mehr Informationen über die von der SCHURA Niedersachsen vertretende Bevölkerung zu erhalten. So kann die SCHURA Niedersachsen den Behörden zahlenmäßig mitteilen, wie viele Menschen welcher Altersgruppe die SCHURA Niedersachsen vertritt und planen, wie viele Kinder welcher Altersgruppe in welcher Stadt den islamischen Religionsunterricht besuchen werden. Die überwiegende Mehrheit der Muslime (rund 80 Prozent) wünscht sich einen an religiösen Werten orientierten islamischen Religionsunterricht an deutschen Schulen.
- Die zweite Funktion des Gemeinderegisters besteht darin, als offizieller Nachweis dafür zu dienen, dass eine Person ein Muslim ist. Die Rechte von Menschen, die allein gelassen werden und nicht in der Lage sind, ihre Rechte wahrzunehmen, können durch dieses Register geschützt werden (z. B. um eine Einäscherung im Todesfall zu verhindern).
- Die dritte Funktion des Gemeinderegisters besteht darin, den Nachweis und die Registrierung der Existenz muslimischer Generationen Jahrhunderte später zu gewährleisten. Es handelt sich um ein Vorhaben, das darauf abzielt, durch die Erfassung der muslimischen Präsenz in Deutschland einige grundlegende Informationen über die Generationen zu erhalten, die noch Jahrhunderte lang in einer sicheren Umgebung leben werden. Es ist statistisch nicht bekannt, wie viele Muslime in Deutschland leben. Jeden Tag werden neugeborene Kinder als Deutsche registriert, während die Herkunft und religiöse Identität von Hunderttausenden von Menschen nicht erfasst wird.
- Die vierte Funktion des Gemeinderegisters besteht darin, die registrierten Muslime über religiöse Aktivitäten und religiöse Veröffentlichungen zu informieren, die auf lokaler und staatlicher Ebene von den Moscheen, also den lokalen Religionsgemeinschaften, organisiert werden. Dieser Informationsfluss ist von großer Bedeutung für die aktive Beteiligung der Muslime und dafür, dass sie über die Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten werden. Der Informationsfluss wird durch den Einsatz moderner Kommunikationstechniken realisiert.
Jeder Mensch wird als Muslim geboren. Jeder Muslim kann von Geburt an in das Gemeinschaftsregister eingetragen werden. Die Eintragung oder Abmeldung im Gemeinschaftsregister ist kein Maßstab für Frömmigkeit oder ein Grund für Apostasie. Das Register ist nur ein Verwaltungsinstrument.
Sie hat die Aufgabe, zu bescheinigen, dass die registrierten Personen Muslime sind. Erwachsene, die sich als Muslime bekennen, können sich und ihre Familienangehörigen in das Gemeinschaftsregister eintragen lassen. Jeder Muslim, der älter als 14 Jahre ist, hat das Recht, sich in das Gemeinschaftsregister eintragen zu lassen oder seine Streichung aus dem Register zu beantragen. Die Eintragung in das Gemeinderegister wird von den Verwaltungsrat der SCHURA Niedersachsen vorgenommen.
Die Eintragung in das Gemeinderegister ist freiwillig, ebenso wie der Austritt aus dem Register. Der Austritt bedeutet nicht den Austritt aus der Religion. Für die Stellung und die Zukunft der Muslime ist es wichtig, dass die Bedeutung dieser Registrierung in den Moscheen erläutert wird und dass sich möglichst viele Muslime registrieren lassen.
Die persönlichen Daten der Person, ihres Ehepartners und ihrer Kinder werden im Gemeinderegister der SCHURA Niedersachsen eingetragen. Diese Informationen können nur mit Zustimmung der Person eingegeben und geändert werden. Die Informationen werden von der SCHURA Niedersachsen mit Hilfe eines verschlüsselten Computerprogramms gespeichert und geschützt, das maximalen Schutz bietet. Die Daten der registrierten Person können nur vom Vorstand der SCHURA Niedersachsen eingesehen werden. Die SCHURA Niedersachsen verfügt über statistische Informationen zu den im Gemeinderegister eingetragenen Personen.
Die SCHURA Niedersachsen darf diese Informationen nicht für andere Zwecke verwenden oder an Dritte weitergeben. Die Daten der schulpflichtigen Kinder dürfen nur an die jeweiligen Schulbehörden zur Durchführung des islamischen Religionsunterrichts weitergegeben werden. Es werden keine Informationen über registrierte Muslime an Organisationen, Institutionen oder Einzelpersonen weitergegeben, außer für statistische Zwecke.